Es wurde ihm wieder besser zu Muhte, als eine kräftige Stimme
den Aufbruch gebot und bald hatte sich das Geräusch der
Dahinziehenden in der Ferne verloren.
Margarethe gab ihm ein Zeichen, herabzukommen. Er wartete
nicht das Anlegen der Leiter ab, sondern schwang sich behend von
dem Balken herab. „Du mußt fliehen, auf der Stelle fliehen,“ — sagte
Margarethe, zog ihn in die Hütte, riß einen Schrank auf und packte
Kleider und Wäsche in einen Bündel — „aber ich fliehe mit Dir. Willst
Du, daß ich bleibe, so tödte mich, denn ohne Dich wäre mein Leben
ein ununterbrochener Tag der Trauer, des Schmerzes, der höchsten
Sehnsucht nach Dir. Ich bettle, ich stehle, ich morde für Dich, meine
Seligkeit opfere ich Dir auf, aber ich muß in Deiner Nähe sein. Ich
führe Dich einen Weg, wo kein Späher Dich ersehen, kein Häscher
Dich fangen wird. Ich kenne den Weg in jene Gegend, wo Du, wie
Du mir gestern vertrautest, verborgene Schätze besitzest, sehr
genau, da ich gerade in jener Gegend schon zweimal mit meinem
Nährvater war, der dort eine kleine Erbschaft erhob. Fast immer
durch Wälder leite ich Dich. Da, wo man Dörfer und Weiler nicht
umgehen kann, darfst Du mit deiner Kundschaft ohne Besorgnisse
wandern; ich nehme, um kein Aufsehen zu erregen, andere Wege,
und wir einigen uns wieder an bestimmten Orten. So, das Wenige,
was ich besitze, ist nun in diesem Bündel, jetzt laß uns die Reise
antreten!“ —
Schweigend hatte Lips Tullian Margarethens ihm wohlgefällige
Rede gehört, es wäre ihm gar zu schwer geworden, sich von der
reizenden Dirne zu trennen, und ihre Schlauheit, ihren Muth und
Gewandheit recht gut erkennend, glaubte er überzeugt sein zu
dürfen, daß ihre Gesellschaft für ihn einst sehr vortheilhaft werden
könne.
Er wanderte fort, und fröhlich und tändelnd hüpfte die
leichtfertige Dirne, aus dieser stillen, frommen Hütte, und gedachte
nicht mehr der Wohlthaten ihres Nährvaters, der guten Vorsätze,
denen unter seinen Lehren sich ihr Herz geweihet hatte, und schied
ohne Thränen von dem Orte, wo ein großmüthiger, gottesfürchtiger